1705

 

 

Jan 8

 

Wie ein gewisser Weltberühmter Mann zum ersten mahl hier in Hamburg kam wuste er fast nichts als lauter regel-mäßige Fugen zu machen und waren ihm die Imitationes so neu als eine fremde Sprache wurden ihm auch eben so saur. Mir ist es am besten bewust wie er seine allererste Opera scenen-weiß zu mir brachte und alle Abend meine Gedanken darüber vernehmen wollte welche Mühe es ihm gekostet den Pedanten zu verbergen.*

 

*Hierüber darff sich niemand wundern. Ich lernte von ihm; so wie er von mir. Docendo enim dicimus.[1]

 

 

 

January–February

Johann Mattheson’s Hamburg Opera List

 

Anno 1704

109. Almira. Music vom Hn. Capellmeister Händel. Poesie vom Hn. Feustking. Hiebey war ein Epilogus, genannt der Genius von Europa, componirt vom Hn. Keiser.[2]

 

ALMIRA. Music by Kapellmeister Händel. Libretto by Herr Feustking. Attached to it was an epilogue, called the GENIUS VON EUROPA, composed by Herr Keiser.[3]

 

 

 

February

[Friedrich Christian Feustking]

Der Wegen der Almira Abgestriegelte Hostilius. Andere Bastonade … Anno 1705

“Hostilius given a dressing down on account of Almira. Second Bastonado.

 

Die Almiram zu tadeln, die doch so wohl wegen der Poesie als auch wegen der kunstreichen Musique des Herrn Hendels honéter Gemüther approbation erlanget, und noch biß auf diese Stunde damit beehret wird, ist ein Zeichen einer malicieusen Unvernunfft oder unvernünfftigen Malice.[4]

To censure Almira, which receives approbation from reasonable people as much for its verses as for the artistic music by Herr Hendel, and up to the present is honoured with such approbation, is a sign of malicious unreasonableness or unreasonable malice.[5]

 

 

 

February

[Johann Mattheson’s Hambur Opera List]

 

Anno 1705

110. Nero. Music vom Hn. Händel. Poesie vom Hn. Feustking.[6]

 

 

 

Nov 27

 

[Christian Friedrich Hunold]

Wolmeinendes Send-Schreiben an den Herrn Pastor Friederich Christian Feistking Nach Tolcke in Angeln Über die bißherigen Poetischen und andere Streitigkeiten. Von Menantes. Anno 1705.

 

“Friendly Communication to Pastor Friedrich Christian Feistking, etc.”

 

Da uns denn die Music so wohl als Ihre Poetische Arbeit glückte und sind wir versichert wenn Sie gegenwärtig gewesen Sie würden uns vor ihre naturelle composition mehr obligation als Monsieur Händeln gehabt haben.[7]

So we were successful in the music as well as in your poetic work, and we are sure that if you had been present you would have been more in debt to us for its naturelle composition than to Monsieur Händel. … 27th November [1705].[8]

 

 

 

 

1705–1709

[Johann Mattheson, Grundlage einer Ehrenpforte, Hamburg 1740]

 

Händel führte darauf. An. 1705. den 8. Jenner,1 seine besagte erste Oper, Almira, glücklich auf. Den 25. Febr. folgte der Nero. Da nahm ich mit Vergnügen Abschied vom Theatro, nachdem ich, in den beiden letztgenannten schönen Opern, die Hauptperson, unter allgemeinem Beifall, vorgestellet, und dergleichen Arbeit gantzer 15. Jahr, vielleicht schon ein wenig zu lange, getrieben hatte: so daß es zeit für mich war, auf etwas festeres und daurhaffteres bedacht zu seyn; welches auch, Gott Lob! wohl von Statten gegangen ist. Händel blieb indessen noch 4. biß 5. Jahr bey den hiesigen Opern, und hatte daneben sehr viel Scholaren.

           Er verfertigte 1708. sowohl den Florindo, als die Daphne; welche jedoch der Almira nicht beikommen wollten. An. 1709. hat er nichts gemacht. Darauf eräugete sich die Gelegenheit, mit dem von Binitz eine freie Reise nach Italien anzutreten: da er denn An. 1710 im Winter zu Venedig, auf dem Schauplatze St. Gio. Crisostomo, seine Agrippine hören ließ: in welcher man, als sie 8. Jahr hernach das hamburgische Theater zierte, verschiedene den Originalien gäntzlich ähnliche Nachahmungen aus Porsenna etc. wahrzunehmen nicht unbillig vermeinte.

 

1 Nicht 1704. wie irrig im musikalischen Patrioten stehet, welches zu ändern bitte.[9]

 



[1] Händel Handbuch, 23.

[2] Händel Handbuch, 24.

[3] Deutsch, 15.

[4] Händel Handbuch, 24.

[5] Deutsch, 15.

[6] Händel Handbuch, 24.

[7] Händel Handbuch, 24.

[8] Deutsch, 15.

[9] Händel Handbuch, 25.